Tourismus hat sich vor allem in den letzten sechzig Jahren zu einem wichtigen Motor historischer Wandlungsprozesse entwickelt. Insbesondere Orte und Regionen, die dem Einfluss massentouristischer Wanderungsbewegungen unterlagen, veränderten sich innerhalb kürzester Zeit massiv. Doch auch an den Touristen selbst ging ihre zunehmende Mobilität nicht spurlos vorüber. Die Relevanz der transformierenden Kraft des Tourismus ist jedoch geschichtswissenschaftlich erst in Ansätzen untersucht worden.

Dies gilt insbesondere für die grenzüberschreitende Dimension des Tourismus. Inwiefern der Tourismus zugleich Resultat und Ursache der zunehmenden globalen Verflechtung nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen ist, lässt sich deshalb bisher kaum auf der Grundlage historischer Studien beantworten. Diese Forschungsdesiderate sollen im Rahmen des von Moritz Glaser und Gabriele Lingelbach organisierten Workshops „Tourismuswelten. Translokale Perspektiven auf die Tourismusgeschichte (1945-1990)“ aufgegriffen und auf der Grundlage empirischer Ergebnisse diskutiert werden. Indem Orte des Tourismus und Tourismusregionen als Interaktionsräume und Schnittpunkte kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Wandels zum Ausgangspunkt der Analyse gemacht werden, sollen die Vorträge der Tagung gemeinsam neue Perspektiven auf die Geschichte des Tourismus werfen. Damit wird die spezifische Translokalität touristischer Räume hervorgehoben und ins Zentrum historischer Tourismusforschung gestellt.

So soll die Tagung auch dazu dienen, die in den letzten Jahren unter dem Oberbegriff der Globalgeschichte geführten Debatten und Kontroversen aufzugreifen, und diese gleichsam von der Warte der Tourismusgeschichte aus weiterzudenken. Eine solche Geschichte des Tourismus fragt nicht in erster Linie nach der historischen Abfolge verschiedener touristischer Reiseformen, sondern nach den Aus- und Rückwirkungen, die der Tourismus sowohl im Hinblick auf die ‚Bereisten‘ als auch die Reisenden hatte. Ziel des Workshops ist es also einerseits, herauszuarbeiten, welche Verflechtungen und Auswirkungen sich durch die Anwesenheit von Touristen in einem Raum ergaben, und andererseits die Verschiebung von Wahrnehmungsmustern im Hinblick auf die durch den Tourismus hervorgerufenen Veränderungen in den Blick zu nehmen.

Angesichts der mangelnden Vernetzung zwischen den mit diesen Fragestellungen und Ansätzen arbeitenden ZeithistorikerInnen soll der Workshop sowohl für NachwuchswissenschaftlerInnen als auch bereits etablierte WissenschaftlerInnen die Gelegenheit bieten, ihre Forschungsergebnisse vorzustellen und zu diskutieren. Um zugleich eine intensive Debatte über das Konzept der Translokalität anzuregen, wird Angelika Epple (Bielefeld) einen entsprechenden Abendvortrag halten. Damit ausreichend Zeit für Diskussionen bleibt, ist die Zahl der TeilnehmerInnen begrenzt.

Vorschläge für einen Vortrag können bis spätestens 20.7.2015 an glaser@histosem.uni-kiel.de geschickt werden. Abstracts sollten die Zahl von 500 Wörtern nicht überschreiten. Bitte fügen Sie Ihrem Vorschlag einen kurzen Lebenslauf bei. Der Workshop findet am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg in Greifswald statt. Die Kosten für Reise, Übernachtung und Verpflegung können übernommen werden.